Rezension – „Die Offenbarung des Uhrwerks“
Steampunk in Verbindung mit Sciencefiction und Fantasy? In einem Episodenroman? Kann das funktionieren? Das ging mir durch den Kopf, als mich Sven Haupt um eine Testlesung von „Die Offenbarung des Uhrwerks“ gebeten hat. Um es vorzwegzunehmen: Ja, es funktioniert – und sogar richtig gut.
Klappentext
So höre gut zu, Junge mit dem alten Namen Cameron, denn dies ist die Wahrheit vom Werden und Vergehen aller Dinge und das Fundament unseres Glaubens. Es ist auch die Geschichte deiner Familie. Am Anfang steht die Magie in unserem Herzen, die sich in den Knochen sammelt. Sie entfacht das Feuer in unserer Seele. Dieses Feuer kocht das Wasser und produziert den Dampf, der unser Leben antreibt. Seine Kraft ist es, die uns vom Boden erhebt und in den Himmel trägt. Magie, Feuer und Dampf öffnen uns die Tore zu neuen Welten, wo unsere Seele Erkenntnisse findet. Einsichten, die uns das Wesen des Kosmos verstehen lassen und uns weise machen. Diese Weisheit lässt uns die Schöpfung lieben und entfacht aufs Neue die Magie in unseren Herzen. Hier schließt sich der Kreis und es offenbart sich das Uhrwerk und mit ihm die tiefste Wahrheit des Universums.
Meine Meinung
Wie auch schon Sven Haupts Erstling, ist „Die Offenbarung des Uhrwerks“ ein episodisches Werk aus aufeinander aufbauenden Kurzgeschichten. Folgten wir in „Der elektrische Engel“ noch der KI-Spezialistin Bettina Calvin durch ihr Leben, so ist es nun die Chronik einer Familie. In 12 Geschichten, beginnend im 19. Jahrhundert bis in eine ferne Zukunft, treffen wir auf einen Vertreter der Familie Cameron in je einer schicksalhaften Episode der menschlichen Geschichte. Das einzige andere literarische Werk, dass ich kenne, welches einen ähnlichen Aufbau hat, sind Ray Bradburys „Die Mars-Chroniken“. Es spricht für Sven Haupt, dass „Die Offenbarung des Uhrwerks“ nicht nur in struktureller, sondern auch qualitativer Hinsicht ebenbürtig ist. (Und diesen Vergleich mit diesem Maestro der SF mache ich nicht leichtfertig).
Sven Haupt spart in diesem Werk nicht mit Gesellschaftskritik. Religion, Imperialismus, Politik, Raubbau an der Natur – so einiges bekommt im Steampunk-Gewand die scharfe Zunge des Autors zu spüren, während gleichzeitig darüber sinniert wird, wohin es die Menschheit verschlägt. Trotz diesem kopflastigen Ansatz ist das Werk – dem Uhrmacher sei Dank – von dampfender Leichtigkeit und sehr unterhaltsam geraten. Es dauert zwei, drei Geschichten bis man in der eigenwilligen Erzählstruktur drin ist, aber dann ist das Buch pures Lesevergnügen. Trockener Humor, fantasievolle Szenarien und steampunkige Kleinode – wie etwa ein Zigarrenersatz-Verdampfer mit Vanillearoma aus Messing – lassen die Seiten nur so dahin fliegen.
Fazit
„Die Offenbarung des Uhrwerks“ ist ein eigenwilliges, aber sehr gelungenes Werk. Die 12 Geschichten begeistern gleichermaßen durch Tiefsinnigkeit und Unterhaltung. Wem ich dieses außergewöhnliche Werk empfehle? Jedem – ausnahmslos.
PS: Ich will diesen Verdampfer haben
Buchdaten
erschienen im Mystic Verlag
ISBN: 9783947721368
Preis TB: 12,99 €
Seitenzahl TB: 340
Preis E-Book: 4,99 €