Rezension – Waypoint FiftyNine
Das Waypoint Fiftynine ist eine abgeranzte Weltraumkneipe auf einer Raumstation, welche sich in unmittelbarer Nähe zu einem Dimensionsportal befindet. Hier kehren (mehr oder weniger freiwillig) Weltraumreisende jeden Couleurs ein und geben ihre (mehr oder weniger glaubwürdigen) Geschichten bei einem Bierbrunnen oder dem berüchtigten Fiftyniner zum Besten. Frachtführer, Touristen, Politiker, Schmuggler, Kleinganoven, Besatzungsmitglieder mit unglücklichen Uniformfarben, aber auch Dämonen, Nonnen aus dem Mittelalter, Wikinger und Einhörner erzählen von waghalsigen Außenmissionen, Zeitreisen, dem Ende des Universums oder Urlauben mit defekten Universalübersetzern.
„Waypoint Fiftynine“ ist Humor-Durcheinander-Saufen. Da gibt es Amüsantes, Bissiges, Absurdes und Nonsens, der so blöd geriet, dass er schon wieder gut ist. Und, na ja, es gibt eben auch Nonsens, der leider „nur blöd“ ist. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Gefühlsmäßig gab es für jedes schale Gesöff mindestens vier leckere Bierbrunnen – nicht die schlechteste Quote. Besonders gut gemundet hat, was Nele Sickel, Jacqueline Mayerhofer, Renée Engel und Nob Shepherd über die Tresen schoben. Die Rahmenhandlung der beiden Herausgeber, die aus der „Anthologie“ eine „Romanthologie“ macht, empfinde ich zwiespältig. Größtenteils ist das Herumtorkeln der beiden Saufnasen mit Schreibblockade im WP59 so amüsant geraten, wie die ganze Sammlung. Als Überleitungen zwischen den einzelnen Geschichten sind die Intermezzos hingegen unnötig und die zahllosen Anspielungen im Grand Finale dürften sich wohl nur der BuCon-Familie erschließen.
Fazit: Braucht man sich nicht schönsaufen. Eine feuchtfröhliche Sammlung. 4 von 5 Schnapsgläsern. Prost
Buchdaten
[Leise, psychedelische Fahrstuhlmusik]
»Wenn dir mal wieder die unendlichen Weiten des Weltraumes zu viel werden und dich die Sorgen zu überwältigen drohen: Komm zu uns. Wir servieren dir mit einem Lächeln und einem offenen Ohr den Drink deiner Wahl.«
[Einblendung]
Waypoint FiftyNine
[Slogan erschallt]
»Vergiss deine Sorgen … [Panflötengesäusel] … Waypoint FiftyNine … [Engelschor erschallt] … wir halten uns an die intergalaktische Schweigepflicht und sagen nichts davon deiner Frau, Mann, KI, Versicherungsvertreter, Kopfgeldjäger, Verleger, Mechaniker, Schneider, Einhorn, Diebin, Nonne, Xenomorphen, Geheimagenten, Gevatter, Struwwelpetra, Gebrauchtschiffhändler, Weihnachtsmann, Reiseveranstalter [Alamedisches Triangelinferno] … im Waypoint FiftyNine sind wir für dich da! [Kienlisches Riff der Hölle]«
[Einblendung des Kleingedruckten]
Diese Schweigepflicht gilt nicht für die engagierten Autoren*innen des Leseratten Verlages von der Erde, aber hey, wer würde schon glauben, was diese Freaks so erzählen?
Enthaltene Geschichten:
- Dennis Frey – „McGintleroy trinkt“
- Lea Baumgart – „Opferbereitschaft“
- Dorothee Stern – „Von Pest und Maden und Wollsocken“
- Jasmin Aurel – „Von Maden und Halunken in Spelunken“
- Nele Sickel – „Kleider machen Leute“
- Jessie Weber – „Die himmlischen Schwestern“
- Jacqueline Mayerhofer – „Das Schicksal einer Diebin“
- Wolfgang Schroeder – „Krankheitsvertretung“
- Sandra Florean – „Die Vergessenen“
- Alvar Borgan – „Kampfstern Rot Weiß“
- Veronika Lackerbauer – „Von Spookies, Spoylent Green und einer interstellaren Kreuzfahrt“
- Nob Shepherd – „Edelgard“
- Katja Rocker – „Queerdenker“
- Lukas Wesslowski – „Am Ende kommt das Ende“
- Tanja Kummer – „Exkursion 0 8 15“
- Renée Engel – „Alles ist relativ“
- Isabell Hemmrich – „Die Op(era)tion“
- Florian Krenn – „Der Verräter“
- Peter Michael Meuer – „Die Bar am Ende des Regenbogens“
- Laurence Horn – „Schildhalla“
Das alles eingebettet in eine Rahmenhandlung von Günther Kienle und Jörg Fuchs Alameda
Softcover, Broschure mit Klappen,
504 Seiten, ISBN: 978-3945230497, 20 €
Link zum Verlagsshop: https://leserattenve…tyNine::36.html