Rezension „Interspace One“ (Andreas Suchanek)
Bücher werden schneller gelesen, als geschrieben. Gehört man zur geneigten Leserschaft von Andreas Suchanek, kann man an dieser Wahrheit gelegentlich zweifeln – und sich fragen, wie es dem Autor gelingt, neben seinen (empfehlenswerten!) Reihen Das Erbe der Macht, Heliosphere und Flüsterwald zusätzlich immer wieder Einzelbände und abgeschlossene Trilogien zu ersinnen.
Interspace One startet knackig. Commander Liam Mikaelsons Bewusstseinsengramm erwacht in seinem Klonkörper an Bord seines Erkundungsraumschiffes. Das ist auch schon alles, das wie geplant verlief: Er ist als Einziger erwacht, das Raumschiff ist gelandet, viele Klontanks sind ausgefallen, das Interieur beschädigt und zur Krönung wird ein Leichnam aufgefunden …
Suchanek beweist sich in Interspace One als Routinier, denn handwerklich ist dieser Roman erstklassig. Der Autor hält vom ersten Knall an die Spannung, führt die Leser auf falsche Fährten und enthüllt nach und nach, was mit der Besatzung des Raumschiffs geschah – und welche Gefahr ihnen droht. Dabei kommen auch Charakterzeichnung, Gefühl und Humor nicht zu kurz – bspw. wenn der Schiffsarzt in seinem nicht aufgewachsenen Klonkörper erwacht und mit den Problemen einer zweiten Pubertät zu kämpfen hat. Die Idee des Transhumanismus, die wohl bei jedem Menschen eine Mischung aus Unbehagen und Faszination auslöst, wird über das Buch hinweg immer wieder thematisiert. Suchanek betrachtet dabei die ethische, moralische und auch persönliche Seite. Der Autor hat sich merklich Gedanken gemacht, was es mit Menschen macht, sollten Klonkörper, Bewusstseinsübertragungen, Zwischenspeicherungen und eine relative Unsterblichkeit Realität werden.
Auch wenn es für das Buch eine eher geringe Rolle spielt, hat mir zudem Suchaneks Version der Zukunft gefallen: Keine blühende Utopie – vermutlich ist die Menschheit gar nicht dazu fähig – aber insgesamt eine realistisch gezeichnete, bessere Erde, in der man gerne leben möchte.
Es ist etwas schade, dass die Auflösung des Ganzen dann aber doch in recht konventionelle Bahnen läuft. (Stichwort: Militär). Das ist schlüssig konstruiert und mit rasanter Action auf den letzten 80 Seiten nicht weniger spannend, als der Mystery-Plot auf den knapp 300 Seiten davor. Nach dem mehr als gelungenen Vor- und Aufbau hätte ich mir nur mutigere, weniger häufig gegangene Pfade gewünscht.
Fazit: Suchanek liefert mit Interspace One einen spannend geschriebenen, handwerklich sauberen Military-Space-Thriller ab, der mit einigen schönen Ideen und einem kniffligen Mystery-Plot punktet, aber in der Auflösung leider zu sehr auf Standardkost setzt.