Rezension – „Die Ring-Chroniken“, Bd. 1: „Begabt“

Rezension – „Die Ring-Chroniken“, Bd. 1: „Begabt“

Im Zuge des Erfolgs von Reihen wie „Die Tribute von Panem“ und „Die Bestimmung“ gab es in den letzten Jahren eine wahre Flut, recht ähnlich gelagerter YA-Dystopien, die erschreckend einfallslos daherkamen. Auch „Begabt“, der erste Band der „Ring-Chroniken“ von Erin Lenaris, ist nicht frei von einigen vertrauten Versatzstücken. Die entscheidenden Unterschiede: Die Geschichte hat ihre eigenen Qualitäten – und sie ist verdammt gut geschrieben.

Klappentext

Die 16-jährige Emony verfügt über eine Gabe: Sie kann Lügen erkennen. Doch diese Fähigkeit bringt sie in Gefahr, als sie ihre Heimat, die lebensfeindliche Rauring-Wüste, verlässt. Denn es gibt nur eine Möglichkeit, der mörderischen Hitze und dem quälenden Durst zu entkommen – Emony muss eine Ausbildung bei dem Unternehmen beginnen, das die weltweite Wasserversorgung kontrolliert. Rasch kommt sie dahinter, dass ihr Arbeitgeber die Wüstenbewohner betrügt. Der einzig ehrliche Mensch scheint ihr Ausbilder Kohen zu sein, für den sie bald mehr empfindet. Kann sie ihm im Kampf gegen den übermächtigen Gegner vertrauen? Und sind die Lügen noch viel größer als vermutet?

Meine Meinung

„Gemecker“ gibt es bei diesem Buch nur bedingt. Meine Kritikpunkte beziehen sich nicht auf qualitative Mängel, sondern auf genretypischen Konventionen, die aber nicht wirklich ins Gewicht fallen. Der Kampf von Underdogs gegen ein korruptes, gieriges System – Arm gegen Reich – ist nicht gerade das einfallsreichste Thema im Dystopie-Bereich. Die, sicher für ein überwiegend weibliches Publikum gedachte, Schwärmerei von Emony für den WERT-Ausbilder Kohen hätte es in meinen Augen auch nicht gebraucht.

Doch diese „Schwächen“ – die an und für sich keine sind – werden von der handwerklichen Qualität des Werks mehr als ausgeglichen. An der Spannungsschraube wird von Anfang an gedreht; der einfache und doch abwechslungsreiche gestaltete Schreibstil lässt die Seiten nur so dahinfliegen. Mit ihrem Figurenensemble Emony, Felix, Mila und Kohen hat die Autorin sympathische Protagonisten erschaffen. Gerade Emony, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, ist ein Geniestreich. Stark, ohne in ein Supergirl zu mutieren; Intelligent, ohne ein Genie zu sein; Naiv, ohne dumm zu wirken – ein realistischer Charakter mit Tiefe.

Geschickt webt die Autorin Botschaften, die ebenso universal
wie wertvoll sind, ohne den Zeigefinger zu erheben. Die Mahnung am unverhältnismäßigen Raubbau an der Natur kommt ebenso unaufdringlich daher, wie die Aufforderung, sich für das Richtige zu entscheiden.

Fazit: Der Auftakt von „Die Ring-Chroniken“ wirkt vielleicht nicht grundlegend einfallsreicher als manch andere YA-Dystopie, doch dafür ist sie qualitativ auf einer Ebene mit den besten Werken dieser Sparte. Oder, um es im Slang ihrer Charaktere auszudrücken: Ree-gen-frisch! Uneingeschränkte Leseempfehlung.

Buchdaten

Erschienen bei HarperCollins Germany
Seitenzahl: 352
ISBN TB: 9783959672115
Preis TB: 14,99
Auch als E-Book erhältlich

Hinweis: Die Reihe wird im Tagträumer Verlag fortgesetzt. Der zweite Band, „Befreit“, erschien im Oktober 2019. Der Abschluss der Trilogie ist für den Sommer 2020 angesetzt.

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